about Mail Art aus dem Netz

01.10.2008 16:48

 aus dem netz von: Elke Grundmann & Sigismund Urban
Mail Art Installation, Berlin

Mail Art, das ist international vernetzte Kommunikation mit Hilfe des Mediums Post. Ihre Tradition reicht zurück auf frühe Künstlerbriefe; zunächst gedacht als Weg aus der Isolation, die Suche nach dem Austausch innerhalb des Künstlerkreises: Postkarten der Brücke und des BLAUEN REITER, später die DADA- und FLUXUS-Bewegung. Der Durchbruch zu einer eigenständigen gelang jedoch erst 1962 mit der Gründung der NEW YORK CORRESDPONDANCE SCHOOL durch RAY JOHNSON, USA. Nur eine kleine Auswahl deutscher MAIL ART Protagonisten wie JOSEPH BEUYS, später KLAUS STAECK und ROBERT REHFELD sei hier zu nennen. Inzwischen wird MAIL ART in über 80 Ländern aller Kontinente von rund 5000 MAIL ARTisten getragen. Allgemeines Anliegen der MAIL ART ist die Sensibilisierung der Wahrnehmung von Missständen, das brechen gewohnter Seh- und Sichtweisen. Sie ist weder tradierten Kunstbegriffen unterworfen, noch orientiert sie sich an kunstmarktimmanenten Tendenzen. MAIL ART entzieht sich einer eindeutigen Zuordnung der Parametern an denen Kunst gemessen wird, ein pluralistischer Querschnitt durch alle Techniken und (Un-) Möglichkeiten. Kreativität, Experimentierfreudigkeit, der Solidaritätsgedanke, die Idee und der multiplikatorische Effekt, also ihre kommunikative Effizienzübermittelter Ideen bilden ihre ästhetischen Wert. MAIL ART als Reflexion sozialer und politischer Realität, ist auch Wahrnehmung sozialer Verantwortung und spiegelt die Beziehung des jeweiligen Künstlers bzw. Teilnehmers zur Gesellschaft wider. Ein globaler, visueller Kommunikationsaustausch, der in der Öffentlichkeit für mehr Toleranz und Engagement werben und den Integrations- und Demokratisierungsprozess unterstützen helfen kann. Neben dem politischen Aspekt kommt das Narrative nicht zu kurz; minimalistisch ausgeführte Wortspielereien, die Verspottung normativer Wertvorstellungen, Humor, Ironie, Sarkasmus und vor allem Nonsens.
Insbesondere die „ADD, COPY AND PASS ON“ Varianten – wunderbare Gewächse, Schicht-Sedimente globaler Spurenelemente – finden ihre Parallelen durchaus in GRAFFITI, STREET ART, SCARTCHING und Kloschmierereien. Sie sind der „illegale“ Gegenpol zum Selbstverständnis der Bilderfluten und Botschaften aus Werbung, Presse und anderen Medien, die uns täglich wie Lawinen überrollen und unter sich begraben. Ausdruck allgemeiner Sehnsucht nach Authentizität und Autonomie, um der Frage nach der Daseinsberechtigung und des Fortbestandes der MAIL ART in Zeiten des Internets vorwegzugreifen.
Formal gesehen entsprechen die einzelnen Beiträge einen MAIL ART Projektes den Pigmenten eines gemalten Bildes, die jedoch nicht durch ein unsichtbares Bindemittel, sondern durch einen immateriellen Binder, nämlich das Netzwerk zusammengehalten werden und erst durch den Postweg, also durch Bewegung, Zeit, Ortswechsel aufgeladen und dadurch ihren künstlerischen Wert erlangen.
Seit nunmehr 10 Jahren nehmen wir an zahlreichen Projekten teil, initiierten mehrere eigene Projekte und haben beide sehr unterschiedliche, feste MAIL Art Partner. Die stärkste Resonanz und auch größte finanzielle Einsatz (Kataloge…) kam in diesem Zeitraum immer aus dem Ausland. Nach dem Mauerfall ist MAIL ART SZENE DDR zerbröselt und die deutschen Künstler sind wenig geneigt, ihre Kunst zum Nulltarif zu versenden. Sie stehen der MAIL ART eher skeptisch und geringschätzend gegenüber.

Anm. von hg.joseph, Konzept X: Mich jedoch hat sie in meinem Schaffen stark geprägt und verändert.

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